Humboldt-Universität zu Berlin - Kultur-, Sozial- und Bildungswissen­schaftliche Fakultät - Institut für Archäologie

Fayence-Architekturteile aus Pi-Ramesse

(seit 2020 Teilprojekt des Qantir/Pi-Ramesse-Projekts, Projektleitung: Prof. Dr. Alexandra Verbovsek)

 

Ein spezifisches Element königlicher Wohn- bzw. Repräsentationsarchitektur der Ramessidenzeit waren Objekte aus teilweise polychromer Fayence, die zur Verkleidung und Gestaltung von Wänden, Böden, Toren, Podesten etc. eingesetzt wurden. Dazu gehörten neben beschrifteten oder figürlich dekorierten Fliesen bzw. Einlagen auch Hochreliefs mit halbplastischen Figuren (z.B. Gefangene, Tiere), kleinteilige florale Motive als Bestandteile größerer Kompositionen. Sie konnten u.a. für Gebäude Ramses‘ III. in Tell el-Yahudiyeh und Medinet Habu, für den Palast des Merenptah in Memphis und in palastartigen Anlagen in Heliopolis nachgewiesen werden. Tausende Fayenceobjekte und -fragmente verschiedener Herrscher stammen aus der Ramsesstadt. Anfang des 20. Jh. gelangten zahlreiche in Qantir gefundene Stücke in den Kunsthandel und anschließend in einige größere Museen. 1928 traten durch einen Zufallsfund weitere Objekte zutage, die nicht eindeutig verortet werden konnten. Allerdings entdeckte Mahmoud Hamza noch im selben Jahr ein Areal mit vielen weiteren Fragmenten und Zehntausenden Tonmodeln, das er als „Fayence- und Glasurwerkstatt“ interpretierte.

Die meisten Stücke befinden sich heute in den Museen von Kairo, New York, Paris und München, weitere verteilen sich auf verschiedene, teils private Sammlungen oder Grabungsdepots. Im Rahmen des Qantir/Pi-Ramesse-Projekts wurden seit 1980 ca. 500 Objekte (inkl. zugehörige Einlagen aus Stein) gefunden, viele von ihnen in stark fragmentarischem Zustand. Die größeren Korpora sind in kleineren Ausschnitten oder großen Teilen publiziert, überzeugende Rekonstruktionsversuche wurden für verschiedene Kontexte vorgelegt (Hayes 1937; Müller 1961; Müller 1981; Habachi 2001, Delange 2015, Webb 2017). Die Bearbeitung der übrigen Objekte steht noch aus, außerdem gibt es bislang keine übergreifende Auswertung zu den Architekturteilen aus Fayence in Pi-Ramesse und zu dieser Objektgattung insgesamt.

Alle nachweislich und potenziell aus palatialen Anlagen in der Ramsesstadt stammenden Objekte und Fragmente werden in eine Datenbank aufgenommen. Neben Rekontextualisierungen und Rekonstruktionen werden Vergleiche mit vergleichbaren Objekten aus anderen Orten vorgenommen. Außerdem werden – in Kooperation mit Thilo Rehren (Nikosia) und seinem Team – naturwissenschaftliche Analysen durchgeführt.

Für ausführliche Informationen siehe Projektwebsite: https://qantir-piramesse.de/home/fayencefliesen/