Humboldt-Universität zu Berlin - Kultur-, Sozial- und Bildungswissen­schaftliche Fakultät - Institut für Archäologie

Archäologie im Archiv

Archäologie im Archiv: Wissenschaftsgeschichte der Sudanforschung in der DDR

(2016-2017, Leitung: Cornelia Kleinitz und Thomas L. Gertzen) 

 

Das Projekt ‚Archäologie im Archiv‘ wurde aus der intensiven Beschäftigung mit der Geschichte der Berliner Sudanarchäologie in Forschung und Lehre geboren. Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts untersuchte Carl Richard Lepsius (1810–1884), später Professor für Ägyptologe an der damaligen Friedrich-Wilhelms-Universität, im Rahmen der von ihm geleiteten Königlich Preußischen Expedition nach Ägypten und Äthiopien (= dem heutigen Sudan) die archäologischen Stätten südlich des ersten Nilkatarakts.

Mehr als ein Jahrhundert später nahm Fritz Hintze (1915–1993), Ordinarius für Ägyptologie an der Humboldt-Universität, die Berliner Feldforschungen im Sudan mit der Butana-Expedition (1957/58) wieder auf. Diesem Survey folgten die langjährigen Grabungen der Humboldt-Universität in Musawwarat es-Sufra (1960–1970) und die Epigraphische Expedition in das sudanesische Nubien (1961–1963), welche unter der Leitung von Hintze und der Flagge der damaligen „Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin“ stattfand. Friedrich W. Hinkel (1925–2007) war von Berlin aus  viele Jahre für den sudanesischen Antikendienst im Einsatz und organisierte u.a. den Abbau und Transport der durch den Bau des Assuan-Hochdamms bedrohten Tempel Nubiens und deren Wiederaufbau im Nationalmuseum in Khartum.

Berlin wurde schnell zu einem Zentrum der Sudanarchäologie. Hier nahmen 1971 die Konferenzen für meroitistische Forschungen ihren Anfang und wurde 1973 die renommierte Reihe ‚Meroitica‘ von Fritz Hintze gegründet. In den 1980er Jahren konnte sogar eine Professur für Sudanarchäologie an der Humboldt-Universität eingerichtet werden, die mit Steffen Wenig besetzt wurde.

Die Sudanarchäologische Sammlung & Archiv an der Humboldt-Universität aber auch andere institutionelle Archive, wie das der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (BBAW) oder das Friedrich-Hinkel-Archiv am Deutschen Archäologischen Institut (DAI) dokumentieren die Entwicklung der Sudanarchäologie in der DDR.

Anliegen des Projekts ist die Arbeit mit diesen Archivbeständen, insbesondere mit der Sudanarchäologischen Sammlung & Archiv an der Humboldt-Universität, vor dem Hintergrund eines gewachsenen wissenschaftsgeschichtlichen Interesses. So ist die Geschichte der Sudanarchäologie unter den Rahmenbedingungen des Wissenschaftsbetriebes der DDR – aber auch der jungen Republik Sudan – ein innovatives Forschungsfeld, das interdisziplinär beleuchtet werden soll.

Hierzu wurde an der Humboldt-Universität im Sommer 2017 (30.06. und 01.07.) bereits eine erste internationale Tagung ausgerichtet: „Berlin – Sudan. Die Geschichte der Berliner Nordostafrikaforschung – Wandel, Kontinuität und wissenschaftlicher Zeitgeist vom Königreich Preußen bis in die DDR“. Diese erste Erschließung eines neuen Forschungsfeldes wurde unterstützt durch das Berliner Antike-Kolleg und steht im Zusammenhang mit dessen neugegründetem Einstein Center CHRONOI und der „research-exploration“ zum Verhältnis von Zeitgeist und altorientalischer Forschung.