Forschungs- und Lehrgrabung in Babunjë, Albanien
Vorstellung des Projekts:
Seit 2018 werden in Babunjë archäologische Ausgrabungen in einer deutsch-albanischen Kooperation zwischen dem Winckelmann-Institut und dem Archäologischen Instituts Albaniens durchgeführt. Sie verfolgen das Ziel, die ländlichen Siedlungsstrukturen um die korinthisch-korkyräische Kolonie Apollonia in archaischer und klassischer Zeit zu erkunden. Die Kolonien Korinths und Kerkyras könnten an den Ostküsten des Ionischen und Adriatischen Meeres ihre Territorien durch kleine, geschlossene Ansiedlungen gesichert haben, die in der Forschung bislang kaum Beachtung gefunden haben. Die Stellung Babunjas im Spannungsfeld zwischen griechischen Kolonisten und einheimischen Illyrern zu klären, um zu einem besseren Verständnis der kolonialen Strukturen zu kommen, ist Hintergrund der Arbeiten.
Siedlungshügel von Babunje
Die Siedlung befand sich nah an der antiken Küste am Unterlauf des wohl schiffbaren Flusses Apsos, wenig erhöht auf einem Hügel oberhalb der Myzeque-Ebene. An dieser ausgedehnten Fruchtebene, ca. 20 km südlich von Babunjë, lag auch Apollonia. Wie Prospektionen gezeigt haben, war Babunjë als kleine Planstadt von ca. 5 ha mit einem rechtwinkligen Straßenraster angelegt worden, deren lang-schmale Insulae an archaische Streifenstädte erinnern. Die geringe Insula-Breite von nur 15 m wirft allerdings Fragen zur Binnengliederung der Wohnblöcke und Gestalt der Wohnhäuser auf.
Straßenraster von Babunje, geomagnetische Messungen von László Lenkey (Eötvös Loránd Universität Budapest)
Während der ersten Grabungskampagne 2018 konnte ein klassisches Wohnhaus angeschnitten werden, das sich mit seinen drei angeschnittenen Räumen vom öffentlichen Raum, den Straßen, abwandte. Ob es sich auf einen großen Hof, der seitlich des Hauses angetroffen wurde, ausrichtete oder hier der Hof des Nachbarhauses vorliegt, bleibt zu klären. Das Wohnviertel hatte man im frühen 5. Jh.v.Chr. angelegt und bereits gegen Ende des 4. Jh.v.Chr. wieder verlassen.
Grabung an einem klassischen Wohnhaus in Babunje
Die Grabungen konnten zudem zeigen, dass in der zweiten Hälfte des 5. Jh.v.Chr. der Ort mit einer mächtigen Befestigungmauer umgeben wurde, dessen Errichtung möglicherweise mit dem aufkommenden Konflikt zwischen Korinth und seinen Kolonien stand, der einen der Ausgangspunkte des Peloponnesischen Krieges darstellte.
Grabung an der Fortifikation von Babunje
Das Projekt ist als ein gemeinsames Lehrprojekt der beteiligten Institutionen des Winckelmann-Instituts sowie der archäologischen Institute des Albanologischen Forschungszentrums und der Universität Tirana angelegt. Studierende sind herzlich willkommen mitzuarbeiten!
Das Team der Grabung von 2018
Nach der Grabung kommt die Fundbearbeitung:
Fundaufnahme
Fundmaterial von 2018, mit Terrakotta-Modeln und Terrakotten, rotfiguriger und übriger Haushaltskeramik
Überraschungsfund von 2018: Der Bronzereiter von Babunje, eine im Vollguss hergestellte Kleinbronze spätarchaisch-frühklassischer Zeit
Literatur:
Manuel Fiedler – Gregor Döhner – Szilamér-Péter Pánczél Babunjë. Eine spätarchaisch-klassische Kleinsiedlung zwischen Apollonia und Dyrrhachion (Albanien), in: L'Illyrie méridionale et l'Epire dans l'Antiquité. Actes du VIe colloque international en Musée National de Tirana 2015 (Paris 2018) 991–1004.
Manuel Fiedler, ‚Schwarzgefirnißtes‘ aus Babunjë (Albanien), in: M. Ugarković – A. De Bonis (Hrsg.), Identifying black-glazed pottery productions in the central Mediterranean: an interdisciplinary approach. International Workshop, Forum Archaeologiae 83/VI/2017 (http://farch.net).
Förderung:
Erasmus+, Partnerländer-Förderung
Laufzeit:
seit 2018
Leitung:
Prof. Dr. St. Schmid, Dr. Manuel Fiedler
Mitarbeitende:
Szilamér-Péter Pánczél, Gregor Döhner, Levente Daczó, Thomas Martin, Victoria Kant
Kooperationpartner:
Prof. Dr. Bashkim Lahi, Dr. Eduard Shehi (Archäologisches Institut des Albanologischen Forschungszentrums Tirana)